Die Wiederbelebung der Zweitagefahrt um Stavelot (Europameisterschaftslauf) in den belgischen Ardennen war im vergangenen Jahr großartigst gelungen. Abgesehen von der traditionell andersartigen und sehr gewöhnungsbedürften Ausschilderung wurden den 200 Teilnehmern ein hervorragender Rundkurs durch die tollen Landschaften der Ardennen geboten.

Auf Grund der Sommerferienpause war die Berichterstattung bei Enduro Klassik lange Zeit offen. Bis dann der Defektteufel bei der Maschine von Klassikfahrer Sven zuschlug und so ermöglichte, daß dieser in Belgien mit Kamera und Notizblock bewaffnet, die Rolle des im Schlamm watenden Reporters einnahm. Unvergesslicher Höhepunkt: die sogenannte Sonderprüfung. Doch dazu später mehr.

Eine Geländefahrt zu organisieren ist ja bekanntlich keine leichte Aufgabe. Und Umweltschutz ist die Generalkeule schlechthin, mit der man alles mühelos zertrümmern oder im Ansatz ersticken kann. Und so wurde auch dieser Superjoker in Stavelot gezogen, um dem Veranstalter und den Aktiven das Leben schwer zu machen, bzw. so madig, daß die Typen mit ihren dreckigen Motorrädern möglichst nie wiederkommen. Ich fürchte das ist den selbsternannten Umweltschützern weitestgehend gelungen. Mich nervt es, das stets Umweltschutz gezogen wird ohne konkret zu benennen, was denn überhaupt geschützt wird. In Wirklichkeit geht es gar nicht um Umweltschutz, sondern allein um die Befindlichkeiten von Anwohnern und einen ideologischen Kreuzzug gegen Kraftfahrzeuge jeder Art – solange es nicht um den eigenen handelt.

So stand in Stavelot dieses Jahr die Genehmigung angeblich bis vier Wochen vor dem Start auf der Kippe. Zum Glück konnten sich der Veranstalter DG Sports und die Stadt Stavelot auf ein Format einigen, das möglichst allen gerecht wird. Anwohnern und Aktiven. Das wurde dann in die offizielle Formel gegossen: „Am ersten Tag Fahren auf der Strecke, am zweiten Tag nicht durch die Wälder fahren, um die Umwelt zu schonen und die Wochenenderholung der Anwohner nicht zu stören.“ Warum nicht? Besser ein Tag tolle Geländefahrt und am zweiten Tag verschieden Sonderprüfungen, als komplett absagen. Angeblich lag die endgültige Genehmigung erst vor vier Wochen vor! Das die Anwohner vielfach nicht mitspielen und sich nicht an den Kompromiss halten, zeigen die zahlreichen Entfernungen von Streckenpfeilen. Die ideologische Konfrontation machte auch nicht davor halt mit querstehenden PKW die Strecke zu blockieren.

Dass im Sommer am Wochenende zwei Tage 6-7 Stunden Geknatter rund um das Haus nerven, kann man gut nachvollziehen. Eine Sabotage der Sportveranstaltung durch Entfernen der Streckenpfeile ist aber völlig inakzeptabel. Nach querstehenden PKW wären nächstes Jahr quer gespannte Drähte und Nagelketten die logische Folge.

Mit Hindernissen ganz anderer Art hatten die Teilnehmer dieses Mal zu kämpfen. Mit der Natur. Herrschten letztes Jahr perfekte sommerliche Bedingungen, so zeigten die Ardennen jetzt ihr berüchtigtes, rauhes Gesicht. Obwohl die Rückkehr des Sommers angekündigt war, herrschte schon in den Tagen zuvor regnerisches Wetter, berichtete BMW-Fahrer Frank Koser, der ein paar Tage Urlaub in den Ardennen vorgeschaltet hatte. Alle Wetterberichte, die partiel leichten Regen und geringe Niederschläge angekündigt hatten, konnte man einmal mehr in die Tonne treten. Die Ardennen waren Knöchel- bis Knie tief voll mit Wasser. Kleine Rinnsale wuchsen zu 3-4 Meter breiten reißenden Strömen heran.

Der Veranstalter und vor allem die zwei Handvoll Aktiven von den umliegenden Clubs haben ihr bestes gegeben, um eine super Strecke am Samstag zu präsentieren: 2x 60 und 1x 40 Kilometer! 160 Kilometer, bei diesen Bedingungen kein Zuckerschlecken. Manch Teilnehmer war froh eine 60er Runde geschafft zu haben. Die großartige 40 Kilometer Runde haben Mark Reul und seine Kumpels abgesteckt. Danke für die vielen Extrameilen!

Als ich zwei Kilometer über die Strecke getrottet bin, um besonders interessante Fotolocations zu finden, konnte ich mit Streckenmarschall Patrick sprechen, der eine Stunde vor dem ersten Fahrer unterwegs war:“ Wir mussten in den letzten Wochen den Parcours zehnmal umändern. Anwohner, Forstamt und Gemeindeverwaltung spielen mit uns Katz und Maus. So langsam habe ich keine Lust mehr. Und dann reissen die Anwohner noch die Streckenpfeile weg. Ein Anwohner hier macht das den ganzen tag ohne Unterlass. Und obendrein wollen Bauern mit ihren Wiesen auch noch das große Geschäft machen. Statt wie bisher 1000 Euro für eine Wiesenprüfung, wollen sie jetzt das Doppelte!“ „Die spinnen die Belgier“, würde Asterix wohl möglich sagen.

Ich kann gut verstehen, das es kein Zuckerschlecken für den (professionellen) Veranstalter ist und hier kein Geld gemacht wird. 28.000 Euro von 200 Startern hört sich viel an. Da bleibt am Ende aber nix übrig, wenn man davon Bauern, Angestellte, Sprit, Steuern, Miete und und und begleichen muss. Und ich wäre nicht besonders überrascht wenn er nächstes Jahr, angesichts der ganzen Querelen mit Forstamt und Anwohnern, das Handtuch wirft.

Möglicherweise wurde angesichts dieser Querelen die Sonderprüfung weitab ins Niemandsland einer Talsenke unterhalb der Autobahn gelegt. Ein fantastischer Parcours, der mehr einem einspurigem special en ligne glich, als einer herrkömmlichen Sonderprüfung. Allerdings leider nur geeignet für (furz) trockene Verhältnisse…….

Die rein sportlich orientierten unter den Fahrern, hatten verständlicherweise einen dicken Hals, denn es gab fast keine Überholmöglichkeit, was den sportlichen Wettbewerb in Frage gestellt hat. Und wenn, dann nur unter dem Risiko eines Abflugs. Denn der Boden war extrem rutschig und sehr sehr tief. Die kleinste Auffahrt konnte zur Hängepartie werden.

Höhepunkt im Test: Die Bachdurchfahrt, die durch die langen Regenfälle zu einer prekären Angelegenheit wurde. Knietief und mit reißender Strömung hatte sie das Potential das Ende jeglichen Vortriebs zu besiegeln. Alternativ zur Wasserdurchfahrt konnte man einen schmalen, nur  ca 50 cm breiten Steg wählen. Von dem einige samt Maschine ins Wasser gestürzt sind. Und es ist kein Jägerlatein, dass eine Maschine von den Fluten abgetrieben wurde. Hut ab vor allen, die über den schmalen Steg gefahren sind. Ich habe selbst mitbekommen wie ein niederländischer Montesafahrer, 50 Meter vor der eigentlichen Querung unfreiwillig 90 Grad nach rechts direkt in den Bach abgebogen ist.

Und einen anderen Fahrer gesehen, der ebenfalls 90 Grad eine steile Böschung im  Wald runtergekracht ist. Und dabei riesiges Glück hatte, das vier der vielleicht insgesamt zwei Handvoll Zuschauer, genau an dieser Stelle standen und den armen Kerl da raus geholt haben. Wie der zweite Tag verlaufen ist, stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest. Aber es hieß im Vorfeld, dass zu den unterschiedlichen Prüfungen Trial, Slalom und Beschleunigung vornehmlich auf der Straße gefahren wird.

Ob dieses Konzept, das aus der Not geboren werden musste, auch noch nächstes Jahr trägt, muss leider in Frage gestellt werden. Sowohl auf Seiten des Veranstalters, der Helfer und der Aktiven könnte die Stimmung kippen. Sehr schade drum wäre es und wir hoffen, das das neue Konzept Anklang bei den Aktiven findet uns beibehalten wird. Wenn die Notgeburt des zweiten Tages auf wenig Gegenliebe stößt, träume ich davon Tag 1 weitestgehend beizubehalten und am zweiten Tag gemütlich über Sträßchen und Wege  30 Kilomter nach Aywille zu rollen und dort 2 Runden zu fahren.

Ein Beitrag von Sven Markurt. Vielen Dank für diesen Einsatz. Teil 2 folgt noch!