Der Enduro-Klassiker im Erzgebirge besitzt Kultstatus, was sich an ungebrochener Beliebtheit und aktuell 277 Nennungen für die 2023er Auflage eindrucksvoll widerspiegelt. Ein Sieg in der Motorradstadt Zschopau ist prestigeträchtig und wiegt schwer, ebenso wie manch Meistertitel, von denen es am kommenden Samstag, beim großen Finale der Int. Deutschen Enduro Meisterschaft, noch einige zu vergeben gilt.

„Ich möchte die Saison mit dem Championatssieg in Zschopau abschließen“, bringt Jeremy Sydow seine Ambitionen klar auf den Punkt. Ohnehin strotzt der Sherco-Fahrer aktuell nur so vor Selbstbewusstsein. Ende September sicherte er sich ungeschlagen den Junioren-Titel in der Französischen Enduro-Meisterschaft. Letztes Wochenende machte er den dritten Gesamtrang der FIM Junior Weltmeisterschaft perfekt. Zudem räumte er den Vizetitel in der Junior2-Kategorie ab! „Die zurückliegenden Wochen waren wirklich intensiv, aber auch sehr erfolgreich. Ich muss lang zurückschauen, um eine Saison zu finden, in der alles so glatt lief“, freut sich der Sherco-Fahrer. Kein Ausfall, keine Verletzung – und das soll auch beim Finale so bleiben. „Zschopau ist ein besonderes Rennen mit vielen Fans. Ich freue mich darauf und möchte natürlich gewinnen, wenngleich Luca mit Sicherheit auch sehr stark sein wird“, blickt Jeremy Sydow, der beste Chancen hat den E1-Titel zu gewinnen, auf seinen Teamkollegen Luca Fischeder. Der wiederum noch etwas angeschlagen in den Finallauf geht.

„Ich konnte nicht einmal tief durchatmen!“

Für den amtierenden Int. Deutschen Enduro Meister steht vor allem die erfolgreiche Titelverteidigung im Vordergrund, die zwischenzeitlich sogar ein wenig am seidenen Faden hing. „Mein Sturz in Rehna hatte weit größere Folgen, als mir lieb war. In den Tagen danach tat der ganze Oberkörper weh. Ich konnte nicht einmal tief durchatmen ohne Schmerzen. An Motorradfahren war erst gar nicht zu denken“, schildert Luca Fischeder die Situation, weshalb er auch schweren Herzens auf die letzten WM-Läufe in Portugal verzichtete. Doch nun ist er seit ein paar Tagen wieder im Training und guter Dinge. „Ich bin jetzt dreimal trainieren gewesen und noch nicht wieder ganz bei hundert Prozent, aber auf einem guten Weg. Der Championatstitel hat oberste Priorität. Aber klar ‚Rund um Zschopau‘ zu gewinnen wäre schon megacool.“

Während die ersten beiden Positionen in der Int. Deutschen Enduro Meisterschaft durch Luca Fischeder und Jeremy Sydow relativ klar bezogen sind, geht es um den dritten Gesamtrang umso enger zu. Hier liegen Florian Görner und Davide von Zitzewitz nur sieben Punkte auseinander, was absolute Spannung garantiert. „Für mich wäre es natürlich toll, Florian noch abfangen zu können. Aber ich sehe es auch realistisch. Zschopau ist sein Heimrennen und das hat ja bekanntlich immer einen besonderen Effekt auf die Jungs aus dem Erzgebirge“, lacht Davide von Zitzewitz, der dieses Mal ungewohnter Weise auf einer GasGas ausrücken wird. „Ich habe die 350iger bereits in Kaltenkirchen gefahren und fand, dass ich diese auch gern einmal in Zschopau ausprobieren möchte. Aber keine Sorge, im kommenden Jahr bin ich wieder auf Orange unterwegs“, so der bereits feststehende E2-Meister, der dadurch das Finale entsprechend befreit angehen kann.

Florian Görner möchte logischerweise den dritten Platz behaupten. „Keine Frage, das ist das erklärte Ziel“, gibt sich der KTM-Fahrer vor seinem Heimspiel betont kämpferisch. „Ich freue mich schon extrem darauf. Und vor allem auf die Sonderprüfung am Skihang, auch wenn das nicht jeder nachvollziehen kann“, schmunzelt der Lokalmatador.

Wo geht es noch eng zur Sache, welche Entscheidungen stehen noch aus?

Die Situation im Championat wurde eben beleuchtet. In der Klasse E3 sind die ersten drei Positionen mit Luca Fischeder, Florian Görner und Beta-Fahrer Jörg Haustein fest bezogen. Hinter Davide von Zitzewitz wird es noch einen spannenden Dreikampf um den Vize-Titel geben. Karl Weigelt, ebenfalls ein Lokalmatador auf KTM, hat die besten Karten in der Hand, liegt acht bzw. neun Punkte vor dem GasGas-Duo Paul Roßbach und Nico Rambow.

Für Jeremy Sydow sollte die E1-Meisterschaft, aufgrund seiner 23 Punkte Vorsprung, nur noch Formsache sein. Ebenso wie der E1-Vizetitel für Edward Hübner. Der KTM-Fahrer brach sich in Rehna das Schlüsselbein, ist aber bereits wieder zurück auf der Strecke. „Genau drei Wochen nach meinem Sturz saß ich das erste Mal wieder auf dem Motorrad. Ich fühle mich erstaunlich gut und bin auch den Umständen entsprechend relativ fit“, zeigt sich der einzige RuZ-Gesamtsieger im aktuellen Starterfeld entsprechend zufrieden. Platz drei in der E1 ist hingegen noch hartumkämpft. 2023iger E1-Europameister Andreas Beier (Beta) und Husqvarna-Fahrer Maximilian Wills trennen nur drei Zähler.

Wird der Junioren-Titel nach Tschechien entführt?

Noch ist nichts entschieden, wenngleich Robert Friedrich als Favorit in das Saisonfinale geht. Zum einen liegt der Tscheche mit deutscher Lizenz 15 Punkte in Front. Zum anderen bewies der GasGas-Fahrer erst im Vorjahr eindrucksvoll mit zwei Tagessiegen beim Open-Cup, welcher im Rahmen der Enduro-WM ausgetragen wurde, dass ihm das Gelände in Zschopau bestens liegt. Platz zwei hat aktuell Leon Thoms (KTM) innen, drei Punkte dahinter lauert Pascal Sadecki. Der Zschopauer Fantic-Fahrer dürfte bei seinem Heimspiel alle Hebel in Bewegung setzen, um sich im Gesamtklassement noch weiter nach vorn zu schieben.

Die Platzierungen in der Deutschen Enduro Mannschaftswertung sind relativ klar bezogen aber noch keineswegs fest zementiert. Hier führt aktuell die erste Mannschaft des ADAC Sachsen (191 Punkte) vor dem Team ADAC Niedersachsen / Sachsen-Anhalt (170) und der zweiten Garde des ADAC Sachsen (156).

Sonderprüfungen, interessante Streckenpunkte, internationale Gäste

In diesem Jahr wird es drei Sonderprüfungen geben. Der Cross-Test in Venusberg (SP1) feiert nach kurzer Auszeit ebenso sein Comeback, wie der legendäre Skihang (SP3). Die Sonderprüfung in unmittelbarer Stadtnähe wurde zuletzt 2016 gefahren und bildet den Abschluss der rund 80 Kilometer langen Geländerunde, denn von dort aus geht es lediglich nur noch auf das MZZ-Gelände (ehemals MZ-Altwerk), dem Rundenziel. Die SP2 befindet sich im „Hübler-Wald“ in Waldkirchen. Zu den interessanten Streckenpunkten zählt zweifellos der Abschnitt „Under the Brigde“ in Zschopau, die beiden Schlammlöcher in Altenhain und Börnichen sowie der jetzt erst dazugekommene Strecken-Abschnitt am Witzschdorfer Steinbruch mit einer kernigen Steilauffahrt. Zudem wurde die Zeitkontrolle in das dortige Steinbruch-Areal verlegt, um das ganze Geschehen zu bündeln. So können die Zuschauer die Fahrer beim Service und im Gelände gleichermaßen, hautnah und nur wenige Schritte voneinander getrennt erleben. Unter ihnen werden sich klassenübergreifend auch einige Gaststarter aus der Tschechischen Republik, Schweden und Italien befinden. Hervorzuheben sind hierbei Pontus Skoog (Beta), der Drittplatzierte der diesjährigen Schwedischen E3-Meisterschaft sowie Jaroslav Kalny (Sherco), WM-Starter und aktuell Zweiter der Tschechischen Junioren-Meisterschaft.

Wer letztlich ganz oben stehen wird und für wen die Sektkorken knallen, wird sich am kommenden Samstag bei der Zielankunft im großen Festzelt auf dem oberen MZZ-Gelände zeigen. Also seid gespannt und willkommen zu „Rund um Zschopau“ 2023!

Bilder: Peter Teichmann – ADAC Enduro

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