Wer oder was ist SARACEN?

Ganz einfach gesagt, wir wussten es bislang nicht und vermutlich wird es vielen unserer Leser ebenso gehen.

Ein Blick zu Wikipedia „Britischer Motorradhersteller, 1967 – 1975“ hilft letztlich auch nicht großartig weiter. Doch in einer alten britischen Motorradzeitschrift findet sich dann zumindest eine vage Andeutung: „SARACEN – Leichtbau aus GB“

Die Geschichte der SARACEN-Sachs Motorräder

1967 in Heysey Hampton nahe Cirencester (Wales/GB). Einige Nachbarn hatten ein Problem. Sie waren dem Trialsport verfallen und hätten gerne neue Bultaco Sherpa Modelle angeschafft. Da die Hypotheken auf ihre Häuser erhöht worden waren, rückten diese Anschaffungen in weite Ferne. Frank Underwood und Ron Goodfellow hatten deshalb eine simple Idee. Sie wollten sich ihre Motorräder selber bauen. Mit SARACEN hatten sie schnell einen Namen für ihr Projekt gefunden. Aus T 45 Flugzeugqualitätsrohren wurde ein Prototyprahmen geschweißt, welcher auch für die Verwendung von BSA-Bantam, Triumph, Tiger, Cub und Villiers Motoren ausgelegt war. Für Presse- und Werbezwecke wurde ein erster Rahmen vernickelt und hochglanzpoliert und mit einem BSA Motor ausgestattet.

Das technische Highlight der Schwinge war eine exzentrische Kettenspannvorrichtung. Da jedoch das britische Steuerrecht nur für sog. „Kit-Bike`s“  Steuererleichterungen vorsah, war es naheliegend, dass Frank und Ron dazu überwechselten, anstatt Rahmen, gleich ein ganzes Motorrad  im Sinne eines Kit-Bike anzubieten. Sie reisten zu Sachs nach Schweinfurt und kamen schließlich mit fünf 125 ccm³ Motoren nach Wales zurück. Es wurde also ein neuer Rahmen, passend für den Sachs Motor konstruiert und dann 5 Stück davon gebaut. Das erste fertige Bike zeigte Ron dem bekannten britischen Trialsport-Händler Comerfords, welcher sehr begeistert war und gleich 3 der SARACEN orderte. Auch Ken Heanes, ein weiterer sehr bekannter Händler auf der Insel,  war begeistert und kaufte zwei der Motorräder. Für den Bau der nächsten fünf Motorräder musste nun schon eine kleine Werkstatt angemietet werden. Es stellte sich eine Kleinserienproduktion ein. Denn als der Amerikaner John Olsson bei Ken Heanes diese zierlichen Leichtbau-Motorräder mit nur etwa 75 Kilogramm Eigengewicht sah, orderte er auf der Stelle 20 Stück davon. Die SARACEN Geschichte kam jetzt richtig ins Rollen. Es wurden schließlich Produktionshallen in Stafford Mills angemietet und die Belegschaft erweitert. Als Sachs den Alu-Motor vorstellte, war bei SARACEN die Freude groß. Denn der neue Motor versprach mit 15 PS deutlich mehr Leistung. Zuvor schon hatte man jedoch vom US Importeur einen Auftrag über 40 weitere Motorräder erhalten. Diese wurden gebaut und in die Staaten verschickt.  Doch die Ami`s wollten, aus welchen Gründen auch immer, die Motorräder mit dem modernen Alu-Motor nicht. Sie bestanden auf die Auslieferung mit dem Guß-Motor. Also musste die gesamte Ware nach Wales zurück  gebracht und umgebaut werden. Vermutlich war diese Groß-Reklamation für SARACEN bereits finanziell der Anfang vom Ende, obwohl der Verkauf in Europa gut lief.  Die Motorräder waren immerhin ja auch sehr gut ausgestattet. So wurden z. B. hochwertige Ceriani Gabeln, Rickmann Alunaben und Girling Stoßdämpfer verbaut.  Mit Jack Galloway, Steve Wilson und John Bliss unterhielt SARACEN 1970 für den Trialsport sogar ein eigenes Werksteam.

1973 waren Ron und Frank nach dem US Desaster schließlich finanziell am Ende und verkauften die Firma an den Engländer David Brand. Dieser baute die Motorräder unter dem Namen „SARACEN Invader“ bis 1979 weiter. Dabei veränderte er das Styling nur minimal, indem er Alutanks anstatt Polyester oder Kunststoffkotflügel an Stelle von Alufendern verwendete, um die Bikes dem Zeitgeist entsprechend fortzuentwickeln.

Neben dem Trialsport Modell war bei SARACEN zudem auch eine sehr zierliche 125 ccm³ Enduro Maschine im identischen Leichtbau Konzept entstanden und im Angebot.

Anfang der 2000er Jahre wurde nach unserer Kenntnis die Existenz von max. nur 2-3 dieser Trialmotorräder in Deutschland bekannt. Ob überhaupt eines der zierlichen Enduro-Modelle jemals nach Deutschland kam ist uns hingegen völlig unbekannt.

Wir wollen an dieser Stelle aber gerne einmal die Spurensuche aufnehmen. Vielleicht findet sich in unserer Leserschaft ja tatsächlich jemand, der mehr zu dem SARACEN Thema weiß oder Hinweise auf den Verbleib von derartigen Enduros oder entsprechenden Fragmenten geben kann. Mit Interesse werden wir an dem Thema dranbleiben.

Für die Hercules IG wurde die Firmengeschichte von Michael Ernst recherchiert und im Rundbrief Nr. 22 (April 2002) veröffentlicht. Er hatte zudem die seltene Gelegenheit, sich aus europaweit zusammengetragenen Einzelteilen, eine dieser Trial-Raritäten aufzubauen.

Enduro-Klassik.de bedankt sich bei der Hercules-IG dafür, dass wir in Kurzform bzw. auszugsweise die Informationen und den Text von Michael Ernst nutzen durften.

Eine schöne  und lesenswerte Restaurationsgeschichte zu SARACEN aus dem Jahr 2018 findet sich zudem auf der Homepage „classic-motorrad.de“ von Peter Frohnmeyer.

Unsere Empfehlung, hier unbedingt einmal „hinklicken„!

Ergänzung von Jürgen Rödel:

Auszug Motorrad Katalog 1971: